Ein 30 Sekunden langes Video geistert derzeit durchs Internet. Darauf zu sehen: Eine nächtliche Massenschlägerei in der Kirner Innenstadt. Jugendliche liegen auf dem Boden, andere zerren an ihnen. Wenige Meter daneben fliegen Fäuste, zwei junge Männer fallen hin. Es ist dunkel in Höhe der Brauerei, der Autoverkehr kommt zum Erliegen, überall Geschrei und Gewalt. Es sind Szenen, wie man sie nur von sozialen Brennpunkten größerer Metropolen gewohnt ist. Randalierende Horden lieferten sich eine regelrechte Straßenschlacht. Mitten im an sich beschaulichen Kirn, gingen zwei rivalisierende Familien mit Fäusten, Baseballschlägern, Ketten und Eisenstangen aufeinander los. Eine erschreckende Brutalität ist zu sehen. Schönreden und Verharmlosen lassen sich die Bilder nicht. Viele Menschen haben Angst, bekommen die Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Bürgerkriegsähnliche Zustände vor der eigenen Haustüre – die Dimension ist neu! Vertraut darauf, Polizei und Justiz werden das Richtige und Notwendige veranlassen. Ungeachtet einer akribischen Strafverfolgung, wäre eine vorübergende Umsiedlung, wenigstens einer Familie hifreich, um kommende Konflikte dieser Art ausschließen zu können. Daneben trüge die Maßnahme, wenn sie denn überhaupt rechtlich erlaubt und umsetzbar sein sollte, zur allgemeinen Beruhigung bei. So ein Signal braucht es gerade. Die Botschaft: „Seht her, wir haben das Heft des Handelns in der Hand“.
Die berechtigte Sorge aller Menschen über den Vorfall und nicht auszuschließende Fortsetzungen ist eine Seite der Medaille, die gefährliche Pauschalisierung eine andere. Für manche mag es wie Hohn klingen, wenn der Blog angesichts solcher erschreckenden Bilder mahnend den Zeigefinger hebt und warnt: „Bitte schert nicht alle Zuwanderer über einen Kamm!“ Der Eindruck verfestigt sich gerade. Das Internet überschlägt sich mit teils hanebüchenen Kommentaren. Die Pauschalisierungs-Maschinerie lauft derzeit auf vollen Hochtouren. Die Bilder sind vor allem Wasser auf die Mühlen derer, die offen ihre Gesinnung vor sich her tragen. Aber auch jene, die bisher eher im Verborgenen Migranten skeptisch gegenüberstanden, wagen sich plötzlich aus der Deckung. Und auch diejenigen, die ihre Ängste aus tiefsten Herzen heraus niederschreiben, melden sich zu Wort. Ihnen allen sei versichert, Kirn ist kein krimineller Ausländer-Hotspot und schon gar kein Brennpunkt oder gar Rückzugsort für organisiertes Verbrechen, wie es MdB Joe Weingarten in einer ersten Pressemitteilung zu analysieren versuchte. Sein Lapsus war wenig hilfreich. Im Gegenteil: Der sorgte für zusätzliche Verunsicherung und weiteren hitzigen Diskussionen. Panikmache ist jedoch absolut Fehl am Platz!
Wahr ist, eine solche Massenschlägerei will niemand auf der Straße sehen. Wahr ist aber auch, die fokussierte sich auf zwei Familien, die aus welchen Gründen auch immer, ihren Zwist mit Eisenstangen und Dachlatten austrugen. Ein No-Go! Geht gar nicht! Aber es zeigt, die Familien leben in einer Parallelwelt, die man zwar weder gutheißen, noch dulden kann, aber die Auswüchse daraus gehen nicht automatisch mit Gefahren für die Allgemeinheit einher. Die Ängste vieler sind daher nur teilweise berechtigt. Die Integration ist deswegen ja insgesamt nicht gescheitert. Es gibt viele gute Beispiele. Kirn, mit seinen Institutionen, kann große Erfolge vorweisen. Die gehen in der momentanen Verallgemeinerung zwar komplett unter, lassen sich aber dennoch nicht wegdiskutieren.
Eine halbe Minute Filmmaterial haben gefühlt jahrelange Integrationsarbeit mit einem Schlag zu Nichte gemacht. Eine Stadt ist in Aufruhr, ist in aller Munde. Leider! In den Köpfen vieler Menschen verfestigt sich das Mittelzentrum gerade als krimineller Hotspot mit den „bösen“ Ausländern in den Hauptrollen. Unterschieden wird längst nicht mehr. Im Gegenteil: Merke, wenn jemand verallgemeinert, dann schert er alles über einen Kamm. So schnell geht das mit einer Verselbstständigung. Runde Tische werden jetzt gebildet werden müssen. Es gilt Ängste zu nehmen und Emotionen herunterzufahren. Das Wort „Kirner Krise“ macht die Runde. Nein, eine Krise ist das nicht. Auch kein Wendepunkt! Eine gefährliche Entwicklung, die man im Augge behalten muss – okay. Sind die Familien entweder weg oder kaltgestellt, dann wird sich so ein Vorfall auch nicht wiederholen. Kirn wird im Nu wieder Kleinstadt mit Wohlfühcharakter und Wohnqualität sein. Ganz sicher! Daher, alle mal wieder einen Gang runterschalten. Der Blog warnt vor Panikmache und einer Denkweise, die alle Flüchtlinge perse an den Pranger stellen. Die Gefahr ist gerade latent. Jedenfalls ist eine Debatte über Ausländer-Kriminalität, organisiertes Verbrechen und Clans in Kirn mit Wucht aufgeschlagen. Möge sie recht schnell wieder verstummen.