Simmertaler Dienstagsdemos: Mehr Fluch als Segen!

Erneut lohnt sich ein Blick über den Berg nach Simmertal. Ausnahmsweise ein recht unangenehmer, bisweilen sogar schmerzlicher, wohlgemerkt. Simmertal außer Rand und Band? Simmertal, Querdenkerdorf? Wohl kaum! Dennoch, die möglicherweise leicht bräunlich schimmernden wöchentlichen Protestmärsche gegen die Corona-Politik braucht hier niemand so wirklich. Im Gegenteil: Meinungsfreiheit hin oder her, die sind nur lästig und unnötig, zumal wenn in der Provinz vorgetragen. Mehr noch: In Teilen sind die Protestler angetreten, um offen oder verschleiert für Aufruhr und Missstimmung zu sorgen. Logisch, dass unter den friedlich anmutenden Gehern mit edlen Absichten auch getarnte Rechts-Denker und Corona-Leugner ihre gefährliche Gesinnung vor sich hertragen. Wer glaubt, dass am Dreieck nur aufrechte Demokraten von ihrem guten Recht auf Meinungsäußerung Gebrauch machen, der glaubt auch daran, dass die Erde eine Scheibe ist. Beängstigend, Simmertal ist in aller Munde. Das damit einhergehende Spaltpotenzial erreicht zunehmend Höchstwerte. Der beständig mitschwingende rechte Protestpegel steigt mit jeder weiteren Veranstaltung. Quo-Vadis Simmertal. Man steckt tief im politischen Sumpf, ist regelrecht Hipp für überregionale AFD-Unterstützer-Kommentare geworden. Fakt ist, etliche in Schafspelze gehüllte Wölfe, haben Simmertal als ihren Protestort ausgewählt, und dies, obwohl die Mehrheit des Ortes gegen diese Initiative – zumindest innerlich – rebelliert. Doch aus der Nummer kommt man nicht mehr oder nur schwer wieder heraus. PUNKT! Das Dorf erreicht traurige Berühmtheit. Es steckt mehr dahinter als nur legitimes Aufbegehren gegen Corona-Maßnahmen. Prognose: Es wird weiter marschiert werden.

Schlimm, dass die Proteste in lokalen Berichterstattungen über Gebühr in den Fokus gerückt werden. Oberflächlich zwar, aber in Zeilen dennoch üppig, dazu mit haufenweise Schnappschüssen. Ganz zu schweigen von den nicht enden wollenden Kommentaren in den sozialen Netzwerken. Merke, Bewegung erzeugt stets Gegenbewegung. Man schaukelt sich gegenseitig hoch – auch in vereinzelten Leserbriefen. Insgesamt so lange, bis der Radius der Beachtung weit über das Kirner Land schwappt. Spätestens beim ersten kleinen Jubiläum, wird dieses lokale Format für Fernsehsender attraktiv werden. Wenn diese Spirale erst einmal in Gang gekommen ist, kann die  nur schwerlich wieder gestoppt werden. Dabei wäre es doch so einfach gewesen, den Marschierern Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Völliges Ignorieren hätte wahrscheinlich schon gereicht. Bei einer Entziehung des Öffentlichkeits-Nährboden, wäre die Bewegung im Nu eingeschlafen.

Den Zeitpunkt hat man jedoch verpasst. Leider! Das momentane Ausmaß des Interesses ist unangemessen hoch – Tendenz, weiterer Anstieg. Der Beachtungs-Acker wächst und gedeiht.  Diese „unglaubliche Aufmerksamkeit“, spielt den Demonstranten nur in die Karten. Pegida lässt grüßen. Ebbt der Fokus nicht ab, steht ein rapider Anstieg der Teilnehmerzahl, vor allem von auswärts, zu befürchten. Verflixte Situation! Das Demo-Fieber muss runter. Nur wie? Aufstehen und sich dagegen positionieren? Der Blog ist da eher skeptisch, weil mit einer solchen Initiative noch mehr Aufmerksamkeit einhergehen würde. Simmertal und eine sich tapfer dagegen stemmende Ortsbürgermeisterin sind wahrlich nicht zu beneiden. Die erträgt die Proteste wie eine Demokratin. Die Polizei lobt das friedliche Auftreten, muss aber mit stets mit starken Kräften Präsenz zeigen. Alles in Butter, also? Weit gefehlt.

Was tun? Ganz locker bleiben, weil Proteste zu einer funktionierenden Demokratie gehören? Aufstehen und eine Gegenbewegung starten? Mit Argumenten wird man jedenfalls nicht weit kommen. Die „harmlosen“ Sympathisanten sind zu naiv und die Strippenzieher zu clever, um das Ausmaß ihres Tuns begreifen zu können oder begreifen zu wollen. Fakt ist, Simmertal wird die Bewegung weiterhin aushalten müssen. Wahr ist, Corona verursacht Sorgen und Nöte kreuz und quer durch alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten. Wahr ist aber auch,  dass hier Menschen nicht nur aus rein sachlichen Protestgründen, sondern mit  klarem Kalkül, unterwegs sind. Menschen, die nicht frei von Ressentiments sind, haben in Simmertal eine Bühne gefunden. Die vorgetragenen Anliegen werden für eine geschickt vorangetriebene Protestbewegung aus dem rechten Lager instrumentalisiert. Setzen wir darauf, dass die Initiatoren den Teilnehmern keine politische Perspektive liefern. Wie auch? Wenn dieser Fall eintreten sollte, dann dürfte die Anzahl der Teilnehmer nach einer Spitze kontinuierlich sinken, was letztendlich zur völligen Auflösung führen würde. Einen langen Atem wird es hierfür allerdings brauchen. Die Einstellungen der Demonstranten und die Gründe für ihr Engagement, werden gewiss in deren Köpfen bleiben. Ein Großteil der Aktivisten dürfte fortan zu den AfD-Stammwählern gehören, eine Minderheit sich in der Partei aktiv beteiligen. Insofern wird das beschriebene Phänomen in anderer Form weiter existieren. Aussagekraft liefern die nächsten Wahlen im Herbst.