Das war einmal… Bereitschaftsdienstzentrale in Kirn
„Wähle 116117, dann kommt der Arzt zu Dir nach Haus und Du bekommst Medikamente verschrieben.“ Klingt gut und reimt sich beim leisen Vorsagen sogar. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wird der sogenannte „Aufsuchende Ärztliche Bereitschaftsdienst“ auch im Kirner Land abends, nachts, an Wochenenden und Feiertagen unterwegs sein. Am Telefon werde man eine erste Einschätzung der Beschwerden vornehmen, um dann das weitere Vorgehen zu entscheiden. Bei Bedarf klingelt der Arzt sogar an der Haustüre. Klingt nach tollem Drehbuch für eine neue spannende Vorabend-Arztserie im Ersten: „Wenn der Doktor drei Mal klingelt!“ Angesichts der Entwicklung wäre wohl ein nicht ganz so ernst gemeintes Satire-Format besser platziert! Apropos Ernsthaftigkeit: Der Rund-um-die-Uhr-Service ist am 1. Oktober mit großem Tamtam gestartet. WOW! Das Pilotprojekt soll den Ärztlichen Bereitschaftsdienst reformieren – unter anderem auch an der Nahe. Bekanntlich wurde in Kirn die Anlaufstelle am Krankenhaus im Juli bereits dichtgemacht. Zu wenig ausgelastet, hieß es seinerzeit in der Begründung. Also, selber schuld! Verrückte Zeiten sind das!
Theoretisch mag der neue „verbesserte“ Service ja gut klingen, nur funktioniert der auch in der Praxis? Der Blog hat da so seine Zweifel. Wer glaubt, dass ein Bereitschaftsarzt so mir nichts dir nichts nachts auf der Matte steht, der glaubt auch daran, dass Pflegeberufe zukünftig angemessen entlohnt werden. Nein, man wird die Patienten am Telefon vertrösten oder sie auffordern eine Bereitschaftspraxis weiter weg anzusteuern. In dringenden Fällen wird ein Rettungswagen auf die Reise geschickt. Dass ein gut gelaunter Arzt, wie beim Fernseh-Format „Der Bergdoktor“, vorbeischaut und Fieber sowie Blutdruck misst, damit sollten die Patienten eher nicht liebäugeln. Träumen darf man natürlich. Zu Hause in der bequemen warmen Stube warten bis der Arzt reinschaut, statt in vollen Wartezimmern zu hocken – so will die KV den Deal verkaufen. So wird es aber nicht kommen, liebe Leute. Nochmals zum Mitschreiben: Besseren Service mit beständig weniger Personal bieten zu wollen funktioniert im wahren Leben nicht. Nicht heute und nicht in Zukunft. Sorry, das sind Erfahrungswerte. Um das versprochene bessere Versorgungsangebot als bare Münze nehmen zu können, dazu fehlt dem Blog einfach die Phantasie.
Noch dazu verstößt die KV-Denke gegen jede Logik. Gut und günstig geht ja auch nicht. Auch Service und Kunde wollen so gar nicht zusammenpassen. Man betreibt mit diesem Vorstoß pure Augenwischerei, um letztlich Ärzte und Geld einzusparen. Die Nebelkerze ist gezündet. Ist die reines Blendwerk zum Kaschieren einer Mangelverwaltung? Scheint so! Und das Kuriose daran, die Vorgehensweise funktioniert prächtig! Protest, Fehlanzeige. Im Gegenteil: Lob allenthalben. Dabei ist die Lage bitterernst. Rund 280 Hausarztstellen sind in Rheinland-Pfalz unbesetzt. Tendenz steigend! Und die Politik fällt auf den Schmu rein. Naiv sind‘s halt, unsere Volksvertreter! Logisch, dass man seitens der KV den Versuch in ein paar Monaten als äußerst erfolgreiche Weiterentwicklung des herkömmlichen Service-Angebots mit flächendeckernden Standorten verkaufen wird. Und das Schlimme daran, die gleichen Politiker werden sich von ein paar selbst geschönten Statistiken erneut einlullen lassen. Mehr noch: Die kuscht nur und wird nicht mit Lob für eine Initiative sparen, die nur dem einst selbst geschaffenen mächtigen Verwaltungs-Monster im fernen Mainz Vorteile bringt.
Und der Patient bleibt auf der Strecke! Wie immer halt! Vielleicht irrt der Blog ja auch. Ausnahmsweise ließe der sich gerne eines Besseren belehren. Bis dahin gibt der aus Überzeugung den Mahner und Warner. Und auch die Zeitung steht dem Versuchsballon positiv gegenüber. Alleine die Titelzeile lässt aufhorchen: „Arzt kommt nachts öfter zu Patienten!“ Im lebe net! Der kam früher nicht und der wird es erstrecht heute nicht tun. Solche Schlagzeilen irritieren nur und wecken unnötige Erwartungen. Erwartungen, denen die KV nicht gerecht werden kann, und unterstellt, auch nicht will. „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ – frei nach dieser Devise schlägt die KV in der Patientenversorgung ein neues Kapitel auf. Notgedrungen, weil der Ärztemangel beängstigend durchschlägt. Möge es, trotz aller subjektiven Bedenken und Vorbehalten, ein erfolgreiches im Sinne der Patienten sein.